Markus Katzer: „Es hat sich herumgesprochen, dass auf der Hohen Warte etwas Großes im Entstehen ist.“
Der Sportdirektor der Vienna erklärt die Neuverpflichtungen in der Wintertransferzeit und weist einmal mehr darauf hin, dass eine ausgewogene Bilanz, das Investment in den Nachwuchs und fundierte Marktkenntnisse Grundstein für die Einkaufspolitik sind
Mit Deni Alar und Marcel Tanzmayr hat die Vienna heute noch zwei Spieler vom SKN St. Pölten verpflichten können. Mit Tomas Simkovic, Nils Zatl, Stephan Auer und Lukas Grozurek hat Österreichs ältester Fußballverein sechs Verstärkungen für die Rückrunde der Regionalliga Ost geholt. Wie ist dein Transferfazit vor dem Rückrundenstart im März?
Markus Katzer: Ich bin sehr zufrieden. Die Entwicklung zeigt: die Vienna ist wieder da. Es hat sich in der Zwischenzeit österreichweit herumgesprochen, dass wir ein langfristiges, nachhaltiges Projekt planen, und deshalb war es möglich, derart qualitativ hochwertige Spieler an die Vienna zu binden.
Mit sechs Neuzugängen war die Vienna ganz besonders aktiv am Transfermarkt.
Markus Katzer: Das stimmt, aber natürlich hat sich in den letzten Tagen auch eine besondere Dynamik ergeben. Der Transfermarkt ist immer auch eine Frage von Opportunitäten. Gewisse Dinge sind planbar. Manchmal ergeben sich Chancen. Das ist wie am Platz. Du hast einen Matchplan. Und während des Spiels ergeben sich Gelegenheiten, Chancen, die du beim Schopf packen musst. Grundsätzlich hatten wir vor, uns im Sturm zu verstärken und auf der Position von Volkan Düzgün eine Alternative zu suchen.
Volkan hat sich einen Kreuzbandriss zugezogen und fällt voraussichtlich noch länger aus. Der Ausfall hat der Vienna schon in der Hinrunde weh getan?
Markus Katzer: Sehr sogar. Volkan ist ein Spieler, der im vorderen Drittel den Unterschied ausgemacht hat. Deswegen waren wir zum Handeln gezwungen und ich habe mich sehr früh am Transfermarkt umgesehen. Dazu kommt, dass wir den Markt und die Bewegungen ständig im Auge haben. Fundierte Marktkenntnis ist die Voraussetzung für jeden Transfer.
Wie sehr hilft es dir, dass du einst selber Spieler warst, das Sportbusiness kennst und jetzt die Geschicke der Vienna als Sportdirektor gestaltest?
Markus Katzer: Das ist unter Garantie kein Nachteil. Du musst den Spieler verstehen, den Markt kennen und die Sichtweisen von Spieler, Berater, Verein so übereinander legen können, damit du den Prozess erfolgreich moderierst, sodass eine Win-Win-Situation entsteht. Ich kann mich in alle Personen und Situationen hineinversetzten und kenne die Gesetzmäßigkeiten und Abläufe genau. Insofern freue ich mich, dass es uns gelungen ist, die Spieler von dem spannenden Projekt Vienna zu überzeugen.
Musstest du die hochkarätigen Spieler de facto überzeugen?
Markus Katzer: Nein. Die Wahrheit ist, dass ich eigentlich niemand von dem Projekt überzeugen musste. Qualität und Seriosität sprechen sich im Fußball sehr schnell herum. Ich werde auf keine Vertragsdetails eingehen: aber es ist uns gelungen, Argumente und Inhalte zu schaffen, und ich spreche jetzt nicht von finanziellen Kriterien, die den Ausschlag gegeben haben. Ansonsten würden Spieler mit einem derartigen Lebenslauf, dieser DNA und der Qualität sich nicht auf die Vienna einlassen. Sie haben das Zeug, bei jedem Erstligisten in Österreich einzulaufen.
Was ist wichtiger, um in der Regionalliga zu reüssieren. Qualität und Erfahrung? Oder Spielwitz und jugendliche Unbekümmertheit?
Markus Katzer: Beides. Die richtige Mischung macht es aus. Wir sind nun fast auf jeder Position doppelt besetzt und haben einen sehr kompetitiven Kader. Wenngleich wir sehr viel Erfahrung und Qualität dazugewonnen haben, gibt es weiter Jugendliche und Talente, die in den Kader drängen und die wir integrieren wollen. Das möchte ich auch in Zukunft so sehen. Nehmen wir allein das Beispiel Noah Steiner. Wir haben ihn mit 18 Jahren geholt und sukzessive eingebaut. Im letzten Halbjahr hat er als Verteidiger die meisten Spielminuten und hat sich zu einem echten Leader entwickelt. Es war nicht nur einmal, dass einer seiner weiten Überbrückungspässe unserem Spiel eine neue Richtung und wichtige Impulse gegeben hat. An Noah führt kein Weg mehr vorbei.
Viele Vienna-Fans und –Sympathisanten fragen sich, wie es möglich ist, dass derart arrivierte Spieler auf die Hohe Warte wechseln. Wie ist deine Erklärung dafür?
Markus Katzer: Ganz einfach: Wir sind ein Traditionsverein mit einer ruhmreichen Vergangenheit. Dennoch können wir nicht nur von der Vergangenheit leben, sondern müssen in die Zukunft schauen. Die Vienna hat einen ganz klaren Plan, wohin die Reise geht. Das Präsidium hat einen Stufenplan vorgegeben, um unsere Ziele zu erreichen. Dazu kommt, dass wir für eine ausgewogene Balance zwischen Ausgaben und Einnahmen sowie einen mittelfristig konstant wachsenden Verein stehen. Das dürfen wir nie vergessen. Wir können nur einen Euro ausgeben, wenn wir ihn vorher verdient bzw. eingenommen haben. In den letzten fünf Jahren, seit der Insolvenz 2017, ist hier einiges entstanden und weiter im Entstehen. Wir haben mit Hauptsponsor UNIQA und IMMOunited zwei ganz wichtige fundamentale Bausteine. Aber auch ein Blick auf unsere Sponsorenseite reicht, um zu sehen, wie breit wir mittlerweile aufgestellt sind.
Das heißt, die Vienna wird weiter investieren?
Markus Katzer: Selbstverständlich. Aber unser Investment beginnt im Nachwuchs. Das ist ganz wichtig. Auch wenn wir jetzt an dem kurzfristigen Ziel Aufstieg zweite Liga arbeiten und erfahrene Spieler einbauen, bauen wir derzeit einen neuen Vienna-Campus für den Nachwuchs in der Spielmanngasse. Dafür holen wir die besten Ausbildungsmanager und Trainer. Wir wollen unsere Kinder bestmöglich und ganzheitlich ausbilden und so ans Leben heranführen. Sowohl bei den Buben als auch bei den Mädchen. Dafür haben wir Andreas Ivanschitz, Nina Burger, Roman Kienast gewonnen, um nur einige ehemalige Nationalspieler:innen zu nennen, die sich bei uns im Nachwuchs und bei den Frauen engagieren. Das ist unser Hauptprojekt. Das hat Priorität. Nichtsdestotrotz bleibt die erste Mannschaft das Aushängeschild. Die Kleinen schauen immer auf die Großen. Die Großen haben Vorbildwirkung. Das war bei mir und zu meiner Zeit nicht anders.
Von außen hat man dennoch den Eindruck, dass sich die Vienna alles leisten kann. Stimmt das?
Markus Katzer: Dieser Eindruck täuscht. Man darf nicht vergessen: Die Basis für jeden Verein ist eine ausgeglichene Bilanz. Wir haben eine ausgewogene Bilanz an Einnahmen und Ausgaben und das ist die Voraussetzung für solides, umsichtiges Wirtschaften. Wir hauen das Geld unter Garantie nicht beim Fenster hinaus, sondern jede Ausgabe muss innerhalb der vom Präsidium verabschiedeten Budgetvorgaben gerechtfertigt sein und im Fall der Herren in irgendeiner Form in das langfristige Projekt des Wiederaufstiegs in die Bundesliga einzahlen.
Der Aufstieg in die ADMIRAL 2. Liga ist das erklärte Ziel? Was passiert, wenn dieser heuer nicht erreicht wird?
Markus Katzer: Dann geht das Leben weiter. Und wir werden im Jahr darauf das Projekt von Neuem angehen. Derzeit sind wir im Plan.
Der Aufstieg in die ADMIRAL Bundesliga ist das langfristige Ziel. Wie möchte sich die Vienna im Konzert der Großen positionieren?
Markus Katzer: Die Vision ist klar und lautet: Sukzessive Rückkehr in die höchste Spielklasse. Ziel ist, die Vienna in die ADMIRAL Bundesliga zu führen, dauerhaft in der obersten österreichischen Spielklasse zu etablieren und im Nachwuchs neue Maßstäbe zu setzen. Das Vorhaben ist durchaus ambitioniert, das wissen wir. Aber es ist machbar. Trotz Corona sind wir auf einem guten Weg. Bei den Herren, bei den Frauen, die derzeit Vierter in der ersten Bundesliga sind. Und auch im Nachwuchs.